Kommt es im Kreuzungsbereich einer innerstädtischen Straße zwischen einem Pkw und einem Rettungsfahrzeug zur Kollision, wobei unklar bleibt, welcher der beiden Beteiligten bei rot in die Kreuzung eingefahren ist, kann sich gleichwohl die Alleinhaftung des Pkw-Fahrers ergeben.
Das hat jüngst das Hanseatische OLG in einem Hinweisbeschluss mitgeteilt. Zwar reicht allein die Feststellung, dass der Pkw-Fahrer im Unfallzeitpunkt mit überhöhter Geschwindigkeit (84 km/h statt der zulässigen 50 km/h) noch nicht aus. Dieser Umstand würde – so der Senat – nach der Hamburger Verkehrsrechtsprechung (lediglich) zu einer Haftungsquote von 70 % führen. Steht aber nach Aussage der unbeteiligten Zeugen fest, dass das Rettungsfahrzeug sowohl mit Blaulicht als auch mit Martinshorn in die Kreuzung eingefahren ist, hätte dies den Pkw-Fahrer zur besonderen Vorsicht und Aufmerksamkeit mahnen und veranlassen müssen, sein Fahrzeug umgehend abzubrechen, selbst wenn das Einsatzfahrzeug für ihn noch nicht sichtbar war. In die Kreuzung hätte er nur einfahren dürfen, wenn er zuvor abgeklärt hätte, dass das Rettungsfahrzeug nicht von dort kam. Berücksichtigt man, dass der Pkw-Fahrer neben der erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung auch dem Gebot, dem Einsatzfahrzeug gemäß § 38 Abs. 1 StVO freie Bahn zu verschaffen, zuwider handelte, so ist dessen Alleinhaftung nicht zu beanstanden. Sein Verschulden wiegt so schwer, dass die vom Rettungsfahrzeug ausgehende einfache Betriebsgefahr dahinter zurücktritt.
Hanseatisches OLG, Beschluss vom 18.08.2015 – 14 U 83/15