5. Persönliche Unglaubwürdigkeit
Als eine Tatsache, die für die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung sprechen kann, kommt namentlich auch die persönliche Unglaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers in Betracht.
Insoweit müssen aber konkrete Tatsachen vorliegen, die schwerwiegende Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers und der Richtigkeit seiner Behauptungen aufdrängen. Hier gelten dieselben Maßstäbe, wie sie für den Versicherungsnehmer gelten, wenn er allein aufgrund seiner eigenen Angaben den Nachweis des Versicherungsfalles führen will. Dabei kommen nicht nur Unredlichkeit des Versicherungsnehmers im Zusammenhang mit dem aktuellen Versicherungsfall, sondern auch frühere Vorfälle in Betracht.
Solche Tatsachen müssen indessen feststehen, also unstreitig oder bewiesen sein. Bloße Verdachtsmomente hingegen genügen nicht. Ebenso wenig reichen nicht ausgeräumte Ungereimtheiten im Vortrag des Versicherungsnehmers aus, die lediglich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs ergeben. Schließlich führen selbst falsche Angaben des Versicherungsnehmers zur Schadenshöhe in der Regel nicht zur Annahme der erheblichen Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Versicherungsfalles.
6.Versicherung bringt Verfehlungen ins Spiel
Nicht selten führen Versicherer auch aufgrund der optimalen Vernetzung von Versicherungsgesellschaften untereinander in diesem Zusammenhang ins Feld, dass der Versicherungsnehmer bereits früher in zweifelhafte Versicherungsfälle verstrickt gewesen sei. Für den Nachweis der erheblichen Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung genügt es indessen nicht, eine Vielzahl von Ermittlungsverfahren gegen den Versicherungsnehmer aufzulisten, wenn diese mit einer Einstellung oder gar mit einem Freispruch geendet haben.
Verwertbar sind in diesem Zusammenhang einzig rechtskräftige Verurteilungen. Dies folgt bereits aus der grundgesetzlich verbrieften Unschuldsvermutung. Handelt es sich bei der Verurteilung um Versicherungsbetrug, hat dieser aber ganz sicher erhebliches Gewicht. Aber auch sonstige Verurteilungen wegen Vermögens-, Eigentums- oder Aussagedelikten können bei der Frage der erheblichen Wahrscheinlichkeit herangezogen werden. Im Strafregister bereits getilgte oder tilgungsreife Verurteilungen des Versicherungsnehmers haben allerdings außer Betracht zu bleiben.
Bei der Frage, welche Verfehlungen aus der Vergangenheit als geeignetes Indiz für die Annahme erheblicher Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des aktuellen Versicherungsfalles herangezogen werden können, sind Zeitnähe und Gewicht dieser Verfehlungen zu berücksichtigen. Typische Jugendsünden, die Jahre oder gar Jahrzehnte zurückliegen, dürften danach zumeist ausscheiden.
Gelingt dem Versicherer der Nachweis der erheblichen Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Versicherungsfalles durch den Versicherungsnehmer, hat der Versicherungsnehmer dann seinerseits den Vollbeweis zu führen, der in der Praxis jedoch wegen der aufgezeigten Beweisnöte nie zu bewerkstelligen sein wird.